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Pressemitteilung 21/23 - 27.03.2023

Avatar als psychologischer Assistent auf dem Smartphone

Interaktives Assistenzsystem speziell für mobile Endger?te bietet eine neue, tagebuchartige Erhebungs- und individuelle Coaching-Methode im Bereich der Stressbew?ltigung

Das Institut für Informatik der Universit?t Augsburg hat im EmmA-Projekt einen Avatar als Coaching-Assistenten zur psychologischen Unterstützung in beruflichen Belastungsphasen entwickelt. Er kann auf mobilen Endger?ten emotionale Stimmungslagen der Nutzerinnen und Nutzer erkennen und in Echtzeit angemessen darauf reagieren. Dahinter stehen maschinelles Lernen und komplexe Datenverarbeitungsprozesse. Die Ergebnisse des Projekts werden nicht nur in einer Nachfolgestudie mit Depressionserkrankten genutzt, sondern kommen auch in einem internationalen Verbundprojekt zum Einsatz, um gef?hrdeten Personen den Zugang zu personalisierten psychosozialen Diensten zu verschaffen.

Avatar "Emma" kann Gesichtsausdrücke und Gesten deuten und darauf reagieren Michael Dietz

Am Lehrstuhl für Menschzentrierte Künstliche Intelligenz an der Universit?t Augsburg wurde ein interaktives Assistenzsystem speziell für mobile Endger?te entwickelt. Es bietet eine neue, tagebuchartige Erhebungs- und individuelle Coaching-Methode im Bereich der Stressbew?ltigung. Es kann für die Gef?hrdungsbeurteilung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz und bei der betrieblichen Wiedereingliederung genutzt werden. In dem BMBF-gef?rderten EmmA-Projekt (Kurzform für Emotionaler mobiler Avatar als Coaching-Assistent) wurde die von der Universit?t Augsburg entwickelte multimodale Echtzeit-Sensoranalyse an einen virtuellen Avatar gekoppelt. Basierend auf einem sozio-emotionalen Verhaltensmodell reagiert der Avatar auf die sensorischen Hinweisreize von Nutzerinnen und Nutzern.

Der Lehrstuhl unter der Leitung von Professorin Elisabeth André hat sich in der Künstlichen Intelligenz-Forschung seit über 15 Jahren auf Mensch-Maschine-Interaktionen spezialisiert und z?hlt weltweit zu den Vorreitern auf dem Gebiet der maschinellen multimodalen Verhaltensanalyse. ?Die von uns entwickelte Software erm?glicht die synchronisierte Aufzeichnung und Analyse von affektiven Verhaltensmerkmalen. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus der klinischen Psychologie untersuchen wir, welchen Aufschluss solche Signale auf den mentalen Gesundheitszustand von Menschen geben, um rechtzeitig geeignete therapeutische Ma?nahmen einzuleiten“, so André. Im EmmA Projekt wurde die Erkennungssoftware für mobile Endger?te weiterentwickelt und an einen Avatar gekoppelt. Dies erlaubt es, gef?hrdeten Personen au?erhalb einer Therapiesitzung eine Art pers?nliches Tagebuch mit dem Avatar zu führen. Er dient zum einen als personalisiertes Assistenzsystem, zum anderen ersetzt er klassische Fragebogenverfahren, die dem Therapeuten Aufschluss über den Gesundheitszustand des Patienten geben.

Die gr??te Herausforderung: ein menschlicher Dialog

Die vom Avatar vermittelten Botschaften basieren auf verhaltenstherapeutischen Modellen, die helfen, den Dialog ziel- und evidenzorientiert zu gestalten. Dabei flie?en die vom Nutzer ausgesendeten multimodalen Signale in den Dialog ein, um den Avatar angemessen und menschlich reagieren zu lassen. Die Umsetzung ist komplex, weil nicht nur Gesichtsmerkmale, Gestik oder Sprechweise der Nutzer über die Sensoren (Kamera, Mikrophon) im Mobilger?t zun?chst korrekt verstanden, sondern gleichzeitig auch Hintergrundger?usche herausgefiltert werden müssen. Beispielsweise k?nnte ein Nutzer von belastenden Problemen am Arbeitsplatz berichten, das Programm aus Stimmlage und Gesichtsausdruck Traurigkeit und Anzeichen für einen Ersch?pfungszustand herauslesen. Der Avatar würde daraufhin gezielt konkretisierende Fragen stellen, um am Ende eine Entspannungsmeditation anzubieten.

Damit all das funktioniert, ist ein komplexes Zusammenspiel unter anderem von effizienten Modellarchitekturen für die Datenverarbeitung, flexiblen Schnittstellen, Berechnungen auf den Endger?ten, Zugriff auf vorab trainierte Modelle, neuronal strukturierte Online-Lernverfahren und Applikationen zur ?bertragung notwendig. ?Der im Projekt verwendete Ansatz stellt das Maximum der aktuell verfügbaren technischen M?glichkeiten dar“, erkl?rt Michael Dietz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Menschzentrierte Künstliche Intelligenz. ?Unser Ziel war eine gute Balance zwischen der Genauigkeit der Erkennung und den Ressourcen, die das Modell zur Ausführung ben?tigt. Zum Schutz der Privatsph?re sollen die sensiblen Daten nicht an einen Cloud-basierten Dienst zur Verarbeitung übertragen werden, sondern auf dem jeweiligen Endger?t verbleiben. Auf mobilen Endger?ten stehen jedoch nur begrenzte Rechenressourcen zur Verfügung. Eine Herausforderung, die wir gel?st haben.“

Niederschwelliger Zugang zu Hilfsangeboten

Konkreter Anlass für das EmmA-Projekt ist die alarmierende Entwicklung, dass die Zahl der Arbeitsausf?lle aufgrund von psychischen Belastungen seit Jahren kontinuierlich steigt. Deshalb hatte der Gesetzgeber bereits 2013 das Arbeitsschutzgesetz um eine psychische Gef?hrdungsbeurteilung erweitert. Obwohl dazu verpflichtet, setzt sie bis heute weniger als ein Viertel aller Betriebe um. Das in Augsburg entwickelte mobile Assistenzsystem kann dazu beitragen, Erwerbst?tigen bei psychischer Belastung individuell und auf niederschwellige Art zur Seite zu stehen. Eine Psychotherapie soll es ausdrücklich nicht ersetzen, sondern im Alltag unterstützend wirken. Gerade zurückhaltende Menschen, die Angst vor negativen Reaktionen haben, k?nnen besonders davon profitieren, weil sie einem Avatar gegenüber eine geringere Hemmschwelle haben.

Weitere Einsatzm?glichkeiten in Aussicht

W?hrend der Projektentwicklung wurden auch Nutzer- und Akzeptanzstudien durchgeführt und in das lernende System eingespeist. ?Wir müssen nicht nur an technischen L?sungen arbeiten, sondern auch die ethischen, rechtlichen und sozialen Implikationen des Einsatzes solcher Assistenzen im Blick behalten“, so Prof. Elisabeth André.

Die Erkenntnisse aus dem EmmA-Projekt werden in dem ebenfalls BMBF-gef?rderten Nachfolgeprojekt UBIDENZ (Ubiquit?re Digitale Empathische Therapieassistenz) genutzt. Dabei soll ein Assistenzsystem entwickelt werden, das Depressionserkrankte im Anschluss an eine station?re Behandlung begleitet.

Die in Augsburg entwickelte Software zur multimodalen Verhaltensanalyse ist au?erdem ein zentraler Baustein des Tōku Hoa Projekts, das die University of Auckland in Neuseeland federführend für mehrere renommierte Institutionen weltweit durchführt. Tōku Hoa ist der Māori-Sprache entnommen und bedeutet "Mein bester Freund". Ein digitaler Freund soll psychisch gef?hrdeten Personen als pers?nlicher Begleiter zur Verfügung stehen.

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